Mittwoch, 29. April 2009

Warum ich spätestens seit dieser Woche die Polen weniger liebhabe als die Amerikaner

Warum ich spätestens seit dieser Woche die Polen weniger liebhabe als Amerikaner.

Eigentlich gehört sich das ja nicht, alle über einen Kamm zu scheren. Schon gar nicht alle Amerikaner (um ganz genau zu sein US-Amerikaner), denn das sind immerhin über 300 Millionen und auch nicht alle Polen, das sind fast 40 Millionen. Und die 8 Millionen Polen, die ich jetzt bei Amerikanern mitgezählt habe und bei den Polen nicht, weil sie nämlich in den USA leben, will ich der Einfachheit halber mal ganz außer Acht lassen, die machen mir bloß die Argumentation kaputt.

Früher jedenfalls konnte ich die Polen ganz gut leiden, weil ich dachte, die haben es nicht leicht, die sind voll fleißig und bekommen dann durch nur drei Mark die Stunde und die Mädels sehen auch nett aus. Außerdem haben die Polen immer so was Trauriges an sich und mit den Traurigen kann ich mich eh viel besser identifizieren. Wenn man kurz nach der Wende in Polen war (und vorher vermutlich erst recht), konnte man immer ganz gut nachvollziehen, warum die wohl alle so traurig sind, denn da war ganz schön viel grau und kaputt und wer nicht dem Alkohol verfallen war oder das Weite gesucht hatte musste sich mit Rotkohlanbau, Autodiebstahl oder Plastikfensterverkauf über Wasser halten.

Die Amerikaner waren damals hingegen reichlich fröhlich. Vielleicht ein bisschen zu fröhlich. Wobei ich sicher mehr Amerikaner von PRO7 kenne, als persönlich. Aber ganz sicher kein Vorbild für mich, denn weder Oberflächlichkeit, noch Dauergrinsen noch Statusdenken gehören zu meinen Favoriten. In jedem der zahlreichen Telefonate, die ich mit Amerikanern führe, muss ich immer denken, wie man so leben und arbeiten kann in einer Welt, wo der Starkstromzaun von rosa Duftwatte ummantelt ist, aber trotzdem nie ganz aus dem Bewusstsein verschwindet.

Dann kam in Amerika der elfte September und da ich nicht zu den Leuten gehöre, die glauben, dass das eine Verschwörung gewesen ist, kann ich schon ganzverstehen, dass das für die Amerikaner eine ziemlich einschneidende Geschichte ist. Immerhin sind dabei über 3000 Menschen umgekommen, also mehr als durch die RAF, die Unglücke in Eschede und Rammstein und alle Grubenunglücke und Amokläufe nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland zusammen. Das ist für mich zwar noch lange kein Grund einen Krieg gegen irgendwen gutzuheißen oder Guantanamo oder Folter aber ich verstehe, dass Menschen in Folge eines solchen Ereignisses Sachen tun, die sie bei klarem Verstand nicht durchgehen lassen würden und von denen sie eigentlich wissen, dass sie gegen ihre eigene Verfassung sind.

In Polen sind nun aber definitiv keine Flugzeuge eingeschlagen. Vielleicht ist mal eine Maschine von LOT abgestürzt, aber vermutlich nur weil entweder der Pilot zuviel Grasovka hatte oder die Iljushin ein Triebwerk verloren hat. Weder im Kulturpalast in Warschau ist eins eingeschlagen noch im Rathaus in Danzig und es musste meines Wissens auch keins über den masurischen Seen abgeschossen werden. Die Polen meinten aber, sie müssten sich nun unbedingt gleich an den Arabs miträchen. Sie haben also den Irak-Krieg offen unterstützt und waren letztlich kurz davor auch gleich noch ein paar Raketen zu stationieren, um uns offiziell gegen Angriffe aus dem Iran zu verteidigen und dabei versehentlich Moskau und Leningrad (sorry: Sankt Petersburg) zu zerstören. Iraner sind zwar keine Araber, aber definitiv auch Achse des Bösen.

Als Dank, dass wir uns für Ihre Aufnahme in die EU stark gemacht haben, haben sie (damit meine ich natürlich Ihre Regierung, aber die haben sie ja gewählt) dann erstmal sämtliche Entscheidungen blockiert und erst als sie das Maximale für sich rausgeschlagen hatten, ein wenig mitgespielt. Der Ehrlichkeit halber muss man sagen, dass sie sich darin z.B. nicht von den Tschechen unterscheiden, aber das wäre das Thema für einen anderen Beitrag. Nachdem zunächst eine Menge Autos und Arbeitsplätze die Oder-Neiße Friedensgrenze gen Osten überquert hatten, waren dann irgendwann die Arbeitsbedingungen in Deutschland für die Polen plötzlich so schlecht, dass weder ein Universitätsabsolvent der etwas auf sich hielt, bereit war hier anzufangen noch ein Spargelstecher noch Lust hatte hier zu arbeiten. Da war in den letzten Jahren eine Menge drüber zu lesen. Freilich, jetzt in der Krise, wo das Geld alle ist, und die in Euro oder Schweizer Franken aufgenommenen Kredite für das Einfamilienhaus aufgrund des Verfalls des Zlotys plötzlich nicht mehr bedient werden können, wird es mal wieder Zeit nach Hilfen von der EU (also letztlich zum großen Teil aus Deutschland) zu rufen.

Dem Fass den Boden ausgeschlagen hat aber der Umstand, dass ich jüngst im SPIEGEL gelesen habe, dass der CIA offenbar mit Duldung der polnischen Regierung in Polen ein Geheimgefängnis unterhalten hat und dort gefoltert hat. Spätestens da habe ich mich gefragt: welche Begründung wird wohl ein Land finden, dass von diesem Konflikt denkbar wenig betroffen ist, so etwas zuzulassen und derart tief in den Arsch von George W. zu kriechen?

Was ist das überhaupt für ein komisches Selbstverständnis, wenn man im Grunde zunächst den Deutschen sauer ist, dass sie einen annektiert haben, danach den Russen sauer ist, die einem zwar auch Ihr kommunistisches System aufgedrückt, aber letztlich von den Deutschen befreit haben. Danach der Solidarnosc, die zwar eine respektable Revolution hingelegt hat, aber als korrupt gilt und schliesslich der EU, in die man zwar unbedingt hinein wollte und die man maximal ausgenutzt hat, die aber den Kuschelkurs mit den Amerikanern so nicht mitgehen wollte?

Bezeichnend für dieses Haltung ist, wie einem Warschau-Besucher vorgenannter Kulturpalast präsentiert wird. Das ist zwar das höchste und auch eines der beeindruckendsten Gebäude der Stadt aber es wird in jedem Nebensatz gesagt, dass es ihnen Quasi von der Sowjetunion bzw. Stalin persönlich aufgezwungen wurde. Trotzdem können sie es aber natürlich unmöglich abreissen, weil dann gäbe es ja einen Grund weniger zum Meckern.

Ich höre immer wieder in Talkshows, dass die Polen meinen, sie seien quasi die Keimzelle der friedlichen Revolution in Osteuropa. Und ganz besonders hat das natürlich alles Pabst Johannes Paul II. bewirkt. Der wurde ja immerhin auch mal von einem Türken attakiert. Türken sind wie Iraner zwar keine Araber, aber was soll’s, vielleicht ist das ja die Begründung?

Samstag, 25. April 2009

dong xuang, little saigon in herzbergstrasse



Bei Rechercen stiess ich auf die Wikipedia-Seite zu Lichtenberg und gelangte dabei auf die Seite zu meinem ehemaligen Patenbetrieb "VEB Elektrokohle Lichtenberg" (EKL). Nachdem ich eine zeitlang quasi gegenüber gewohnt hatte, wusste ich sehr wohl, dass man das Werk geschlossen, den Schornstein gesprengt und auch viele der Hallen abgetragen hatte. Nicht wirklich bemerkt hatte ich allerdings, dass dort ein riesiges asiatisches, vornehmlich vietnamesiches, Einkaufscenter entstanden ist. In 2 Langen Hallen reiht sich Laden an Laden und bietet trashige Klamotten (genau das Zeug, was man sonst auf Wochenmärkten bekommt), Kunstblumen, allerlei technischen Schnickschnack und auch Lebensmittel (bis hin zum lebenden Karpfen) an. Neben Vietnamesen finden sich auch Inder, Pakistanis und irgendwelche nicht näher identifizierbaren Asiaten, die vermutlich aus irgendeiner ehemaligen UdSSR-Teilrepublik kommen. Die Kunden setzen sich ähnlich zusammen, vorrangig Vietnamesen, durchsetzt von Marzahner-Mitfünfziger-Pärchen. Die Dinge sind meist von minderer Qualität, dafür atemberaubend günstig. Habe beim letzten mal einen Duschkopf mit 4 verschiedenen Einstellungen für vier Euro erworben. Auch die zahlreich über die Stadt verteilten Asia-Shops scheinen sich vorrangig dort zu bedienen und schlagen einfach 50% auf den Grosshandelspreis drauf. Konnte das anhand einer kleinen Feldstudie mit Sambal Oelek belegen.